Mein Grönland Abenteuer
BlogMein Grönland Abenteuer
Hinter mir liegt eine Woche, die auch ein Monat hätte sein können, mit vielen Eindrücken, gepaart mit dem Gefühl, die kleine Schwester von Tom Hanks zu sein (in dem Film, als er über ein Jahr im Flughafenterminal verbracht hat).
Ich erwähnte es schon: nach Grönland reist man nicht „mal eben“, und auf überhaupt gar keinen Fall macht man eine Rundreise. Man kann einen Abstecher nach Grönland aber wunderbar mit einer Reise durch Island kombinieren.
Einige meiner Abenteuer in Grönland habe ich für Sie in diesem Blog zusammengefasst.
Britta 💚 von erlebe
Eisberge und noch mehr Eisberge
Aktuell gibt es einen Flughafen, auf dem größere Maschinen landen können, und die Greenland Air hat auch ein passendes Flugzeug dafür. Eins! Die anderen sieben Maschinen sind kleine Propellerflugzeuge, die innerhalb Grönlands die Leute befördern, nicht automatisch ans Wunschziel, sondern dorthin, wo man landen kann, wenn man als Pilot auf sein Augenlicht vertrauen muss.
Nach meiner Island Reise war es für mich ein Glücksfall, dass mein Flug aus Aasiaat nicht abheben konnte und ich außerplanmäßig mit dem Boot nach Ilulissat übergesetzt wurde. Respekt vor jedem, der hier ein Boot durch die Eisberge manövriert. Neugierig fragte ich, ob das da hinten ein Schatten oder ein Eisberg ist… „It’s a f*** monster of an iceberg“ wurde mir mitgeteilt. Es war alles dabei, von diesen großen senkrecht aufsteigenden Eiswänden über skulptural anmutende, wirre Formen bis hin zu flachen Schollen, auf denen sich (KREISCH-ZUCKERSCHOCK) eine Robbe ausruhte. Die harmlos aussehenden Eis-Perlenketten veranlassten den Kapitän jedes Mal zur Vollbremsung, und das Geräusch von Eisplatten, die am Boot schleifen, war mir auch ein bisschen zu viel Titanic-Feeling. Der nebelige Tag tat sein Übriges zur teilweise mystischen Stimmung dazu.
… und noch mehr Eisberge
Am nächsten Tag führte mich ein kurzer Spaziergang zum Eisfjord. Eigentlich habe ich etwas falsch gemacht, als ich im Juni zuerst die Eisberge vor Neufundland besucht habe. Andersherum hätte ich mir quasi selbst eine „Eisbergkarte“ schreiben können. Die Eisberge Grönlands sind nämlich sehr reisefreudig.
Meine Quellen waren da etwas unterschiedlich, wie lange so ein Eisberg unterwegs ist, aber ich hatte das Gefühl, wenn sie es hier langsam aus dem Fjord rausgeschafft haben, sind sie etwas flotter unterwegs, bis sie dann an der Küste Neufundlands kurz Rast machen und weitertreiben. Der Blick auf den Fjord war unglaublich. In welchem Stakkato man „wow“ stammeln kann, hat hier eine neue Dimension bekommen. Die Wasserfläche war einfach komplett bedeckt. Und über der Bucht das Geräusch, wie das Eis kracht.
„Sound of Greenland“
Hören, sehen, riechen, schmecken – das ist mir in Grönland auch besonders aufgefallen. Zum „Sound of Greenland“ gehört auf jeden Fall das Eis und das Heulen der Schlittenhunde, die nördlich des Polarkreises gehalten werden.
Der Grönland-Schlittenhund ist nah mit dem Wolf verwandt. Per Gesetz ab dem Alter von vier Monaten an die Kette gelegt, weiß ich nicht, ob das Heulen wirklich Klagen ist – oder ob es auch ganz normale Unterhaltungen sind. Es macht mich auf jeden Fall traurig, die Hunde so zu sehen und zu hören.
Die Farben der Häuser
Zu den visuellen Eindrücken gehören neben der vergänglichen Kunst aus Eis auf jeden Fall auch die bunten Häuser. Früher gab es dafür sogar feste Regeln. Das Haus des Arztes war immer gelb und konnte im Notfall schnell erkannt werden. In grünen Häusern konnte man etwas einkaufen, in den blauen Häusern wohnten die Fischer, rote Häuser waren öffentliche Gebäude und die Polizei hatte ein schwarz angemaltes Häuschen. Heute geht die Regel eher so, dass man nicht die gleiche Farbe nehmen darf wie sein Nachbar. Ist das nicht großartig? Anstatt zu sagen: „Bitte bauen Sie möglichst ein genauso graues Haus wie das graue Haus Ihres Nachbarn zur Linken“, werden die Orte bewusst so bunt wie möglich gestaltet.
Häuser zu finden kann sich auch zum tagfüllenden Programm ausweiten. Es gibt eine Straßennummer und eine Hausnummer. Die haben aber nichts miteinander zu tun; stattdessen werden die Hausnummern numerisch vergeben, wild über den Ort verteilt, je nach Baudatum. Zum Glück musste ich niemanden besuchen.
Zum Thema Geruch kann ich mich auch kurz fassen. Unsere Nacht im Zelt war gefühlt eine Übernachtung in einem gut gekühlten Gewürzregal. Das Zelt hatte keinen Boden, und das fluffige, heideartige Krautzeugs auf dem Boden hatte ein sensationelles Aroma. Ansonsten ist es auffällig, wie oft man in Grönland einfach NICHTS riecht. Die Luft ist klar und knackig. Gleiches gilt für das Wasser. Ich trinke eigentlich überall Leitungswasser und schmecke da selten etwas heraus. Nach einer Woche in Grönland, zurück im Hotel in Kopenhagen, hätte ich fast gespuckt. Bääh, was? Mir war aufgefallen, dass das Wasser und sukzessive der Kaffee gut schmecken, aber so krass hätte ich den Unterschied nicht eingeschätzt.
Die Tierwelt Grönlands hatte ich auch auf dem Teller. Vegetarier haben es hier eh schwer. Es gibt kaum Landfläche, die für den Anbau von Obst oder Gemüse geeignet ist. Eine Import-Gurke liegt bei stolzen 4 Euro… Also habe ich den Moschusochsen als Burger genossen, Rentier als Gulasch und Salami, Fisch und Krabben und mit etwas Überwindung auch Seehund und Wal. Der Wal war am schwierigsten, nicht weil ich ihn im Ganzen auf dem Teller hatte, sondern weil schon ein Stückchen Fleisch, so groß wie drei Pinienkerne, zum abendfüllenden Kau-Event wurde. Greenland Chewing-Gum.
Die Sache mit der Jagd
Jagen ist nach wie vor essenziell in Grönland. Bei den Kosten für Gemüse und angesichts der Tatsache, dass man über 40% Steuern zahlt, ist das kein Wunder. Es hat mich jedoch überrascht, die Gewehre im Supermarkt direkt neben den Adventskränzen und Regenjacken zu finden. Für eine Lizenz muss man 12 Jahre alt sein und etwa 33 Euro zahlen. Man muss aber auch in Grönland wohnen – also war nichts mit Gewehr kaufen und los. Für jede Tierart sind die Zahlen festgesetzt und müssen gemeldet werden. Außerdem muss das Tier zu 100% verwendet werden.
Die Kultur der Inuit
Wir haben einen kleinen Einblick in die Kultur der Inuit gewonnen und, wie so oft auf Reisen, bin ich sehr berührt. Vom Wertesystem, den Mythen und Schöpfungsgeschichten, den sozialen Verbindungen und der Gastfreundschaft. Die Sprache ist auch herrlich. Jedes Wort hat im Durchschnitt 30 Zeichen; immer wird damit etwas umschrieben. Ein Flughafen ist ein „Ort, wo etwas abhebt“, ein WC ist ein „Ort, wo jemand …“, und ein Engel ist „jemand, der im Himmel lebt“ – ein Quilammiut.
Und so sieht dann „Stille Nacht“ auf Grönländisch aus:
Juullimi qiimasuttut
inngilit qilammiut
paratiisimit aggiapput
taarmut pillutik appipput
massa saqqummernatik
Bis zum nächsten Grönland Abenteuer
Kirche überhaupt: Für den Grönländer kommt alles Gute aus dem Meer oder dem Boden, während vom Himmel eher Sturm, Schnee und Eis zu erwarten sind. Das Konzept von Himmel und Hölle musste daher sehr ausführlich erklärt werden, denke ich mir. Und wer kein Brot kennt, fragt sich natürlich berechtigterweise, was er mit seinem „täglichen Brot“ anfangen soll. Keine Ahnung, ob es stimmt, dass daraus kurzzeitig „unseren täglichen Seehund gib uns heute“ wurde. 😉
Einen Abstecher nach Grönland kann man wunderbar mit einer Island Reise kombinieren. Ich würde ja gern behaupten, „ich komme wieder“, aber mal sehen, ob der Geldbeutel und die Greenland Air das möglich machen…